Die Wiederentdeckung der Gewöhnlichkeit

Bereits vor drei Jahren verkündete Mark Zuckerberg angeblich das Ende der Privatsphäre (Wir sehen es als unsere Rolle, uns ständig zu erneuern und unser System ständig zu aktualisieren, um die aktuellen sozialen Normen zu reflektieren.“). Naja, zumindest wurden die damals von Facebook geänderten Nutzungsbedingungen mit gesellschaftlichen Veränderungen und den Wünschen der Nutzer nach mehr Öffentlichkeit begründet. Was wiederum via Twitter plakativ als Todesstoß für die Privatheit gedeutet wurde. Und Eric Schmidt, CEO von Google, wurde mit seinen Äußerungen zur eigentlich nicht mehr existenten Privatsphäre und der Dominanz seiner Suchmaschine gar der Griff nach der Weltherrschaft unterstellt.

Wie gesagt, das ist alles schon drei Jahre her und als Facebook Anfang diesen Jahres seine neue interne Suchfunktion Graph Search vorstellte, strauchelte unsere westliche Zivilisation, zumindest in den Augen vieler Datenschützer, ein weiteres Mal dem Abgrund eines totalen Überwachungsregimes aus Suchmaschinenkonzernen und Sozialen Netzwerkanbietern entgegen.

Doch niemand zwingt uns, unsere Bekannten zu rastern: Welcher Freund meiner Freunde ist denn nun Single, wohnt in Berlin, trotzdem St. Pauli-Fan und mag Actionfilme? Die personalisierte Werbung, die mittlerweile einen bunt flackernden Rahmen in meinem Browser aufgebaut hat, gibt uns wichtige Hinweise auf nahe gelegene romantische Pizzerien oder elegante Bistros. Doch die Privatsphäre scheint der Heilige Gral unserer aufgeklärten Zivilisation. Er muss gegen Datenkraken, Weltherrschaftspläne und werberelevante Standortabfragen verteidigt werden!

Alles Quatsch! Durch diese Geheimniskrämerei um unser Privatleben wird eine geheimnisvolle Einzigartigkeit suggeriert, die gar nicht existiert. Die ganze Diskussion wird nahezu obsolet, wenn wir uns der Langweiligkeit, Unbedeutsamkeit und Allgemeinheit unseres Daseins bewusst werden: Wenn wir nach Kegelclubs suchen, einer guten Pommesbude und dem Second-Hand-Laden für Computerspiele. So wie Millionen andere „Spackos“ auch. 🙂 Es liegt schließlich in unserer Hand, was wir von uns preisgeben wollen. Und vielleicht täte uns ein bisschen Emanzipation ganz gut: Emanzipation von den überbordenden Angeboten der Internetindustrie, Emanzipation von den Datenschutzbeauftragten. Emanzipation von der Datenflut.

Denn wir selbst als Nutzer entscheiden, was wir öffentlich machen wollen, was uns wichtig ist, wie wir unsere Freizeit verbringen und was wir mit wem teilen wollen. Und diese Kompetenz sollten wir uns weder von den Hütern noch denen, die Privatsphäre für überholt halten, nehmen lassen.

(Ein Beitrag von Jan Gabert)

Ein Gedanke zu „Die Wiederentdeckung der Gewöhnlichkeit“

  1. Dem kann ich nur zustimmen.
    Wir entscheiden, inweiweit wir etwas von uns preisgeben wollen oder nicht.
    Vorsicht sollte man vor allem walten lassen , wenn man Einladungen zu diversen Netzwerken erhält. Ich nenne bewusst keines beim Namen;-). Ach wie net (t.log )fand ich das doch, als plötzlich alle meine Bekannten aus dem Adressbuch „von mir“ eingeladen wurden und ich gar nichts davon wusste! Überraschung eben- die gibts kostenlos! Und sogar mit „Folgeschäden“! 🙁

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