Gastbeitrag von Sascha Cremer ***
Der Begriff des Reputation Managements ist ein noch neuer Import aus dem englischen Sprachraum (der es bisher nicht einmal in die deutsche Wikipedia geschafft hat) und bezeichnet noch recht unscharf die Pflege des eigenen Namens im Internet. Obwohl das Konzept der virtuellen Identität noch recht neu ist, verbreitet sich die Einsicht über die Wichtigkeit des eigenen guten Namens im Internet zunehmend – besonders mit Blick auf die daraus entstehenden Gefahren, weniger hinsichtlich möglicher Chancen.
Reputation Management in der Presse
Zunächst war das Konzept des Reputation Management nur ein Thema weniger spezialisierter Blogs, doch seit einiger Zeit ist es auch in der überregionalen Presse angekommen und einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt worden. Aufhänger entsprechender Artikel sind meist Katastrophenberichte, bei denen ein unbedachter Umgang mit persönlichen Informationen im Internet zu ernsten Konsequenzen im realen Leben geführt hat. Ein besonders drastischer Fall, der… in verschiedenen Print- und Internetquellen diskutiert wurde, ist der jähe Fall des ehemaligen CDU-Kreisgeschäftsführers Thomas Müller im StudiVZ, der sich durch die Teilnahme an StudiVZ Gruppen wie „Nach Frankfreich fahr ich nur auf Ketten“ ins politische Abseits manövriert hat. Ein anderes Beispiel, das es bis vor Gericht geschafft hat, sind die zweideutig-eindeutigen Äußerungen einiger Auszubildenden des Restaurants „Zur Bleiche“, die sich ebenfalls im StudiVZ über ihren Chef beschwerten und sich selbst in Verbindung mit einem Gasanschlag in dessen Hotel brachten.
Gefahren der eigenen Netz Reputation
Diese Artikel sprechen ein ernstzunehmendes Thema des Reputation Managements an, birgt die Preisgabe persönlicher Informationen im Internet doch die Gefahr, sich selbst in Misskredit zu bringen. Das gilt nicht allein für derart drastische Beispiele wie beschrieben, sondern vor allem auch durch die zunehmend verbreitete Praxis von Personalchefs, sich über ihre Bewerber vorab im Internet zu informieren. Besonders bei scheinbar privaten Räumen im Netz wie StudiVZ oder anderen sozialen Netzwerken sind sich Nutzer oftmals nicht im Klaren darüber, dass sie in einer nur vermeintlichen Privatsphäre veröffentlichen und Informationen leicht auch von Außenstehenden eingesehen werden können. Kein Wunder, dass sich Nutzer zunehmend eine größere Anonymität im Netz wünschen und am liebsten überhaupt nicht mehr unter ihrem eigenen Namen schreiben – entsprechende Diskussionen darüber kommen meist zu eindeutigen Ergebnissen.
Das anonyme Internet
Eine derartige Berichterstattung erscheint mir jedoch einseitig. Ein richtig verstandenes Reputation Management birgt bei weitem nicht nur Risiken, sondern auch Chancen für jeden, der seine Meinung und sein Wissen im Netz veröffentlicht. Schon heute ist das Internet eine Quelle nahezu unbegrenzter Informationen zu jedwedem Gebiet. Auch auf hochgradig spezialisierte Fragen finden sich nach kurzer Recherche meist passende Antworten, von der Gartenpflege bis zur Tabellenkalkulation. Ein Großteil dieses Wissens findet sich in zahllosen Foren und Blogs, meist in Form anonymisierter Einträge. Da beantwortet Mathefreak77 Fragen zur Integralrechnung, die auch einen bezahlten Nachhilfelehrer zum Schwitzen gebracht hätten. Oder Anonymous hilft weiter, nachdem der technische Support des neuen Betriebssystems längst aufgegeben hat. Diese uneigennützige Hilfe ist sicherlich eine der größten Errungenschaften des Internets. Mir stellt sich jedoch die Frage: Warum zwangsläufig anonym?Wem einmal auf diese Weise im Internet geholfen wurde, der hat sicherlich nichts gegen eine gewisse Profilierung der anonymen Experten im Netz. Die Autoren wiederum können und sollten ihr Expertentum unter ihrem richtigen Namen nutzen. Warum sollte im nächsten Lebenslauf nur „Sehr gute Kenntnisse in der digitalen Bildbearbeitung“ stehen, wenn der Bewerber sich bereits durch zahlreiche Antworten in entsprechenden Foren ausgezeichnet hat?
Expertentum im Internet
Natürlich muss es weiterhin möglich sein, die eigene Anonymität im Netz zu wahren. Ebenso wichtig erscheint mir aber die Möglichkeit, sich selbst als Experte auf einem bestimmten Gebiet zu etablieren. Das mag von Teilen der Netzgemeinde als Arroganz verstanden werden, letztlich profitieren aber auch Leser davon, wenn sie einem Artikel einen authentischen Namen zuordnen können. Nur so können sie Informationen einordnen und auf deren Richtigkeit vertrauen. Als Anonymous veröffentliche ich ohne Folgen, als Sascha Cremer stehe ich mit meinem Namen zu meinen Artikeln und bemühe mich um korrekte Informationen.
Nutzen Sie also ihr Fachwissen, egal in welchen Bereichen. Sie wissen wie man die schönsten Rosen züchtet? Wie man günstig einen Computer selbst zusammenbauen kann? Wo die besten Hamburger Restaurants liegen? Werden Sie aktiv in Foren, gründen sie ein eigenes Blog, helfen Sie anderen Nutzern mit Informationen. Und scheuen sie sich dabei nicht, ihren eigenen Namen zu benutzen! Anonymous ist schnell vergessen, an ihren richtigen Namen wird man sich erinnern – ob als dankbarer Nutzer oder beim nächsten Bewerbungsgespräch.
Richtig verstandenes Reputation Management kann aber noch mehr: Ganz im Sinne althergebrachter Mundpropaganda kann ich beispielsweise als Experte für Laptops nicht nur Fragen zu diesem Feld beantworten – sondern auch Geräte empfehlen und im Netz Geld verdienen. Die Problematik dabei liegt auf der Hand: Missbrauche ich meinen Namen, um Geld zu verdienen oder betrachte ich den Geldverdienst als glücklichen Nebeneffekt beim Veröffentlichen meiner eigenen Meinung? Mehr über die Risiken und Chancen, den eigenen Namen als Marke im Netz zu etablieren in meinem nächsten Gastbeitrag! Mehr Informationen zum Thema Reputation Management und SEO natürlich auch auf meinem Blog www.imageistalles.de.
Ein Gedanke zu „Mathefreak und Online Reputation“
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