Schon mal auf Wikipedia geschaut, was alles so im Artikel zu Wikipedia selbst steht?
„Wikipedia ist ein am 15. Januar 2001 gegründetes Projekt zur Erstellung eines freien Onlinelexikons in zahlreichen Sprachen. Die Wikipedia ist gegenwärtig das meistbenutzte Online-Nachschlagewerk und liegt zum Erhebungszeitpunkt 13. Januar 2013 auf Platz sechs der weltweit meistbesuchten Websites. Die rund 30 Millionen Artikel der Wikipedia in über 280 Sprachen werden in Mehrautorenschaft von unentgeltlich arbeitenden Freiwilligen konzipiert, verfasst und nach dem Prinzip des kollaborativen Schreibens fortwährend gemeinschaftlich korrigiert, erweitert und aktualisiert.“
Soweit so gut. Doch oft wirft das „kollaborative Schreiben“ Probleme auf. Autorenpersönlichkeiten prallen trotz Neutralitätsgebot aufeinander, verschiedene Lehrmeinungen werden sich in Form von Zitaten um die Ohren gehauen und mancher mühsam auf den Diskussionsseiten ausgehandelter Kompromiss landet dann in einem für Laien nahezu unverständlichen Satz zusammenhanglos mitten im Artikel.
Forscher haben nun untersucht, welche Themen bei Wikipedia besonders umstritten sind. Gemessen wurde das an der Anzahl der Änderungen. Umstrittene Artikel werden immer umgeschrieben, revertiert, korrigiert, noch mal umgeschrieben und dann noch mal geändert. In Deutschland sind übrigens die Artikel zu Scientology, Adolf Hitler, Homöopathie und Jesus besonders häufig überarbeitet worden. Und nicht immer in friedlicher Kooperation. Der Ausdruck „Edit war“ drückt die höchstmögliche Stufe des Konflikts aus.
Umstrittene Artikel werden dabei oft von erfahrenen Wikipedia-Autoren oder –Admins „adoptiert“. Sie prüfen alle vorgenommenen Änderungen, um Vandalismus oder Fehler schnell zu erkennen und wieder zu entfernen. Zumeist müssen neue Informationen gerade in umstrittenen Artikel sehr genau mit Quellen belegt werden.
Bei Artikeln zu Unternehmen ist das teilweise ein Problem. Firmen veröffentlichen ihrerseits meist nur positive Berichte über ihre Pressestellen, während in Zeitschriften häufiger negative Berichte Abdruck finden. (Wenn Sie an die Verspätungen bei Zügen der Deutschen Bahn, Leiharbeiter bei Amazon oder die unglücklichen Hühnchen von Wiesenhof denken, wissen Sie, was wir meinen.)
Wenn eine Firma einen Wikipedia-Eintrag hat, ist das Problem oft, dass die verfügbaren Quellen für die freiwilligen Autoren fast ausschließlich die Zeitungsartikel sind, die – wie oben beschrieben – oft negativ sind. Pressemitteilungen der Firmen werden selten als Quelle akzeptiert, üblicherweise haben sie den Geruch der „Eigenwerbung“ und die ist natürlich verpönt.
Auch Yasni hat einen eigenen Wikipedia-Eintrag und auch wir hatten dort auf Wikipedia schon die ein oder andere kontroverse Diskussion zu überstehen.
Dabei sind die meisten Informationen durchaus korrekt, wenn auch teilweise veraltet. Aber der Abschnitt „Nutzung“ enthält eine längere Ausführung dazu, warum die veröffentlichten Nutzungsdaten nicht korrekt sind. Der Vorwurf gilt dabei den Datenerstellern AGOF/IVW. Deren Messmethoden mögen fragwürdig sein, aber dann müsste die Kritik in den Artikeln von AGOF oder IVW stehen. Alle anderen Internetfirmen, die ebenfalls AGOF- und IVW-Zahlen angeben, enthalten keine entsprechende Kritik, die die Nutzungszahlen für unzuverlässig erklärt.
Natürlich möchte niemand, dass Pharmaunternehmen die Nebenwirkungen von Medikamenten beschönigen, oder Aktiengesellschaften ihre Verluste aus Artikeln streichen. Aber es gibt Studien, die belegen, dass 60 Prozent aller Einträge über Unternehmen faktische Fehler enthalten. Und eine „legale“ Möglichkeit, Fehler zu korrigieren, gibt es für Unternehmen nicht. Wikipedia-Autoren müssen laut Richtlinie Privatleute sein. Wenn Angestellte einer Firma „ihren“ Wikipedia-Artikel bearbeiten (und zumeist natürlich unliebsame Kritik löschen), wird ihnen ein Interessenkonflikt attestiert und ihre Änderungen in Bausch und Bogen verworfen. Beispiele enttarnter PR-Agenten in der Wikipedia gab es in den letzten Jahren zuhauf.
Der Wikipedia-Eintrag von Yasni wurde relativ schnell von einer Mitarbeiterin „adoptiert“, die selbst seit vielen Jahren als Autorin auf Wikipedia aktiv ist und das „Prinzip Wikipedia“ heiß und innig liebt.
Es war also aus unserer Sicht naheliegend, dass sie auch ein Auge auf den Wikipedia-Artikel zu Yasni hat, mögliche Fehler korrigiert und auch auf der Diskussionsseite Fragen beantwortet. Sie hat das immer unter ihrem echten Account getan und sich auch als Yasni-Mitarbeiterin zu erkennen gegeben.
Trotzdem kam es zu Problemen.
Was können wir also als Unternehmen tun, um falsche Fakten in unserem Wikipedia-Artikel zu korrigieren, ohne dass uns ein Interessenkonflikt oder sogar Schleichwerbung vorgeworfen wird?
F: Hallo Jenny, wie lange bist du schon bei Yasni?
A: Seit Mai 2008.
F: Das war ziemlich am Anfang… Yasni wurde 2007 gegründet.
A: Das ist richtig. Ich gehörte zu den ersten Mitarbeitern, die eingestellt wurden.
F: Und was machst du jetzt bei Yasni?
A: Ich leite die Supportabteilung. Ich beantworte also den ganzen Tag neugierige Fragen.
F: Und wie lange bist du schon Wikipedia-Autorin?
A: Angemeldet habe ich mich im Januar 2006.
F: Der Yasni-Artikel wurde lange von dir betreut. Warum?
A: Hauptsächlich weil ich merkte, dass die Nutzer, die sich bei mir im Support mit Fragen meldeten, diese Fragen offenbar nirgendwo anders beantwortet bekommen. Die typischsten Fragen waren natürlich, wie man seine Informationen aus dem Internet bekommt. Oder woher Yasni das Recht nimmt, einfach Informationen ins Netz zu stellen. Ich fand es sinnvoll, die Antworten auf diese Fragen für alle verfügbar zu machen. Wikipedia vertraut man offenbar eher als unserer eigenen Hilfe.
F: Das hat aber nicht funktioniert, oder?
A: Teil, teils… das funktionierte gut, bis dann Nutzer kamen, die Yasni nicht mochten und irgendwelchen Unsinn in der Wikipedia eintrugen. Sowas wie „Yasni hackt passwortgeschützte Netzwerke“ oder ähnliches. Ich hab streng nach Wikipediaregeln versucht, solchen Unsinn wieder rauszunehmen bzw. „Belege“ zu fordern. Aber in der Diskussion wurde dann plötzlich mein Angestelltenstatus Thema. Und da war es dann vorbei. Ich bekam zwar in der Sache recht, aber durch meine Firmenzugehörigkeit natürlich gewaltig eins auf die Mütze.
F: Was passierte dann?
A: Ich musste unserem Geschäftsführer gestehen, dass ich einen Shitstorm ausgelöst hatte. Ansonsten bin ich persönlich unbeschadet aus der Sache herausgekommen. Es ist nur schade, dass der Artikel jetzt halt so herumgammelt. Unter meinem Account darf ich ihn nicht editieren und als Sockenpuppe, d.h. unter falschem Namen oder anonym mache ich das nicht.
F: Nachvollziehbar, dass die Autoren keinen PR-Text wollten.
A: Natürlich. Aber mein Ziel war es, die Basisfakten darzulegen, da es offenbar etliche Missverständnisse und Rechtsunsicherheiten gibt. Ein PR-Text sollte es nicht sein und ich hab mich immer bemüht, neutral zu bleiben und einfach die bestehende Rechtslage aufzuzeigen. Ich finde nicht, dass der Artikel derzeit besonders hilfreich ist.
F: Was schlägst du vor?
A: Bisher gibt es keine Lösung. Vielleicht sollte von den Wikipedia-Vertretern eine eigene Richtlinie für die Arbeit von Firmenvertretern ausgehandelt werden, die eine zügigere Diskussion und Bearbeitung der Fakten beinhaltet, oder etwa eine gesonderte Kennzeichnung der entsprechenden Abschnitte als „firmenvermittelt“. Auch eine Quellenangabe wie „laut Auskunft/Mail des Mitarbeiters XY am…“ sollte möglich sein, wenn der entsprechende Mitarbeiter bei Wikipedia als „Firmensprecher“ akkreditiert ist.
Wikipedia versteht sich als aktuelle Wissensquelle und frei für jedermann. Daher sollte es doch möglich sein, Aktualität und Objektivität miteinander zu vereinbaren. Es steht ja auch das Ansehen von Wikipedia auf dem Spiel.
F: Verstehe. Der Konflikt zwischen bezahlter PR und ehrenamtlicher Autorenschaft existiert also vor allem, weil es noch keine Richtlinien für den Umgang miteinander gibt?
A: Ja, das denke ich. Es gibt bereits erste Ansätze, aber es wird wohl noch dauern, bis ein Kompromiss gefunden sein wird. Und eigentlich sollte der Konflikt auch vermitteln, dass es eben keine Sicht oder Einzelquelle gibt, die alle Aspekte unabhängig und objektiv darstellt, sondern eine Vielzahl unterschiedlichster Darstellungen. Und für diese Vielzahl und Vielschichtigkeit steht ja auch Yasni, das sich nicht auf eine oder wenige wichtige (oder nur viel besuchte) Quellen beschränken will, sondern eine möglichst breite Quellenbasis anbietet. Trotzdem kann man als Nutzer auf Yasni im Gegensatz zu Wikipedia seine von öffentlichen Quellen geprägte Darstellung durch eine eigene Darstellung ergänzen.
Eine höchst verdienstvolle Untersuchung von Wikipedia, in dem manche eine seriös enzyklopädische Aufbereitung von Wissen vermuten.
Wikipedia gibt zwar seinen Artikeln durch Fußnoten, wie sie charakteristisch sind für wisschenschaftliche Arbeiten, einen wissenschaftlichen Anstrich – und schafft so eine Fassade von Sachlichkeit.
Dieser Schein allerdings trügt, insbesondere bei gesellschaftswissenschaftlichen Themen (bei denen Wikipedia breit aufgestellt ist.
Geht man der Frage nach, mit welcher Sachkompetenz diejenigen ausgestattet sind, denen als „Administratoren“ die Befugnis zusteht, Beiträge zu verhindern oder verfälschend zu redigieren, gelangt man zu der Erkenntnis, daß Wikipedia an der sachlichen Richtigkeit seiner Artikel kein verläßliches Interesse hat.
Die wikipedia-spezifische Anonymität der Verfasser der enzykopädischen Beiträge eröffnet interessierten Kreisen ungeahnte Möglichkeiten der Einflußnahme auf die Inhalte dessen, was über sie in Wikipdedia dargestellt wird.
Hinter der Auswahl der Quellen, aus denen Wikipedia bei der Darstellung soziologisch-politisch relevanter Themen schöpft, stehen ebendiese Gruppen; die Darstellung ist dann nicht sachlich sondern tendenziös.
Das Regiment der tendentiösen Selektion von Inhalten wird durch das Redigieren von Sachbeiträgen, durch deren Verwerfung bis hin zur kategorischen Sperrung von Autoren über ihre IP-Adressen durchgesetzt.
Bei der Nutzung von Wikipedia muss man sich halt immer wieder vor Augen führen, dass man dort nicht immer und überall neutrales Wissen und Fakten findet. Das macht die Nutzung von Wikipedia natürlich manchmal auch gefährlich. Und das man dort der Willkür und Laune der „offiziellen“ Wikipedia-Autorenschaft ausgeliefert ist, haben wir bereits selbst am eigenen Leib gemerkt.